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Naturerbe Schlittenhund


SCHLITTENHUNDE - EIN ZU BEWAHRENDES NATURERBE
oder warum Schlittenhunde anders sind?



Siberian Huskys

Hunderassen werden nicht einfach so den Jagd-, Hüte-, Wachhunden etc. zugeordnet. So wurden auch die Schlittenhunde nicht allein wegen ihres Talentes zum Ziehen von Schlitten diesem Oberbegriff "Schlittenhunde" zugeordnet, denn über dieses Talent verfügen auch andere Hunderassen. Vielmehr liegen der Zuordnung zu einer bestimmten Hundebezeichnung das Verhalten, Herkunft, natürliche Ausstattung und ausgeprägte Merkmale zugrunde. "Vier Hunderassen gelten als anerkannte Schlittenhunde und mit Ausnahme des Samojeden, der als erster den Zunamen Schlittenhund erhielt, erfolgte die offizielle Anerkennung des Siberian-Husky, des Alaskan Malamute und des Grönländers durch die nationalen und internationalen kynologischen Dachverbände erst recht spät im letzten Jahrhundert". Dazu zählen liessen sich auch noch die noch nicht FCI-anerkannten Eskimo-Dogs und die Alaskan-Huskies. Letztere sind aber erst im letzten Jahrhundert durch Kreuzungen mit Jagdhunden/Pointern entstanden und sind ebenfalls vielzählig auf den Rennplätzen anzutreffen.

Wer sich nun für die Haltung eines Schlittenhundes entscheidet, tut gut daran, sich zuerst aus der Literatur über die Art und Verhalten dieser Hunderassen zu informieren. Denn auch wenn man als erfahrener "Hündeler" gelernt hat, wie ein Hund zu denken, muss man bei den Schlittenhunden noch dazu lernen, wie ein Rudel denkt und funktioniert.

Die Nordischen Hunde sind in ihrem Charakter und Verhalten seit Jahrhunderten wenig verändert, das heisst, es sind keine Hunderassen, die durch Mutationen "neu" entstanden sind. Die meisten anderen Hunderassen sind zum Teil noch keine hundert Jahre alt und mit den Kreuzungen und Paarungen bis zur Entstehung dieser offiziell anerkannten Hunderassen ist auch deren Verhalten verändert und den menschlichen Bedürfnissen angepasst worden.

 

Grönlandhunde

Nicht so die Schlittenhunde. Sie haben ihr eigenes Wesen und ihre Talente bis heute behalten. So sind Schlittenhunde auch keine Wachhunde, das haben sie nie gelernt und würden - menschenfreundlich wie sie sind - auch Einbrecher freudig wedelnd empfangen. Die Art ihres Denkens und Handelns entspricht noch echtem Naturverhalten und beinhaltet noch immer das, wofür sie vor Jahrhunderten gezüchtet und gehalten wurden. Und dies muss man unbedingt kennen, will man diese Hunde verstehen und ihrem Wesen entsprechend halten. Die Schlittenhunde wären allein der Natur überlassen noch immer absolut überlebensfähig, wenn sich ihnen nicht die Technik (Verkehr etc.) in den Weg stellen würde.

Diese Selbstständigkeit und Denkfähigkeit unterscheidet die Schlittenhunde daher wesentlich von den bekannteren Familien- und Gebrauchshunden. Dass sich die Wölfe nie domestizieren lassen kommt daher, weil sie sich keinem fremden Willen beugen. Ähnlich verhält es sich bei den Schlittenhunden. So gehorchen sie zum Beispiel nur, wenn sie selbst einen für sie vernünftigen Grund darin sehen und sie lassen sich auch zu nichts zwingen. Das ist mit ein Grund, weshalb die erzieherischen Massnahmen für die Schlittenhunde sehr viel Geduld, Liebe und Verständnis erfordern, denn ihre eigenen Interessen haben bei ihnen immer Vorrang.

 

Alaskan Malamute

Oft hört man, dass man von jedem Hund das gleiche verlangen und erwarten darf und mittels der nötigen Erziehung alles erreichen kann. Stimmt, aber nur, wenn man die natürlichen und charakteristischen Merkmale der Schlittenhunde nicht akzeptiert, wenn man deren Willen, Instinkt und ihr Urverhalten brechen würde. Aber das käme einer Aberkennung der Natur gleich. Wer einen Hund möchte, der aussieht wie ein Schlittenhund aber gehorcht wie ein Retriever, sollte die Hände von den Nordischen Hunden lassen. Er wäre ein Hundeleben lang enttäuscht und der Hund ein Leben lang unglücklich! Nur wer den Ursprung und das Verhalten der Schlittenhunde kennt und respektiert ist auch eines Schlittenhundes würdig. Dazu gehört auch darüber zu stehen, wenn andere, die diese faszinierenden Hunde nicht kennen, über deren Eigensinn und vermeintlichen Ungehorsam die Nase rümpfen.

Ihrer Neugierde und ihrem Laufdrang geben sie oft und gerne nach. Vor allem in der freien Natur. Das Spazieren mit ihnen erfordert vom Hundehalter immer ein wachsames Auge auf den Hund um noch vor der Umsetzung gewisser Absichten des Hundes sofort reagieren zu können. Am meisten erreicht man, wenn man die Interressen des Hundes "umpolen" kann, denn allein nur ein Befehl ist für einen Schlittenhund noch kein Grund, von seinem Vorhaben abzulassen. Im übertragenen Sinn denkt der Hund etwa so: "Geh du nur schon mal nach Hause, ich komme dann auch wenn ich mit meinen Interessen fertig bin, schliesslich kenne ich den Weg"! Auch darin drückt sich ihre Selbständigkeit aus und nicht zuletzt deshalb wird sich eine ganz enge Bindung zwischen dem Mensch und dem Schlittenhund nur ganz selten ergeben.

Viele Schlittenhunde - auch hier in der Schweiz - werden oft in Verbänden von mehreren Hunden gehalten, also in einem geschlossenen und intakten Rudel; mit aus der eigenen Reihe erkorenen Alphatieren (je eines pro Geschlecht). Zwar haben auch diese eine Beziehung zu den Menschen, aber erst in zweiter Priorität. Die erste gilt allein dem sozialen Gefüge in ihrem eigenen Rudel.
Die Aufgabe eines Rudels und vor allem der Leittiere besteht darin, ihr eigenes Territorium gegen fremde Vierbeiner zu verteidigen. Der immer noch vorhandene Instinkt schreibt ihnen das ebenso vor wie auch auf Streifzügen die Jagd nach einem ausgeklügelten System wahrzunehmen. Zwar hätten sie das durch unsere Zufütterung nicht nötig, aber der Instinkt ist immer noch da. Und der sagt ihnen, "nimm was du kriegst, man weiss nie, wann wir wieder auf Beute stossen".

Fast alle Hunderassen weisen noch heute diesen Instinkt auf. Das uns meist unverständliche, was so ein Hund an Mengen verschlingen könnte, würden wir es ihm geben, ist darauf zurückzuführen; oder wenn zum Beispiel Spielsachen hin- und hergeschüttelt werden, dann ist das nichts anderes, als der Urinstinkt, die Beute tot zu schütteln. Nur ist dieses Urverhalten bei den Schlittenhunden noch so ausgeprägt vorhanden, dass sie dieses - vor allem wenn sie in Rudelverbänden leben - auch heute noch ausleben, bietet sich ihnen die Möglichkeit.

 

Canadian Eskimo Dog

So sind die Schlittenhunde auch in der Arbeit im Gespann vor dem Schlitten immer diesen Gesetzen unterworfen. Das darf man nie vergessen! Selten sind die Alphatiere auch die Leittiere im Gespann, denn als charakterlich stärkstes Tier im Rudel lässt es sich vom Musher kaum sagen, wo es lang geht. Aber alle Hunde sind, ihren Instinkten und natürlicher Ausstattung entsprechend gefordert. Erstens die Verteidigung des Rudels und zweitens das Erheischen von Beute. Sie wissen zwar um ihre Arbeit im Gespann und leisten diese auch, aber diese beiden angesprochenen Merkmale werden dabei nicht ausgeschaltet.

Wenn sich nun ihnen etwas in den Weg stellt, das nach Beute aussieht, greifen sie zu. Ein warm eingepacktes Kind, das auf einem Schlitten parallel zur Rennstrecke gezogen wird, kann auf die Hunde auf den ersten Blick als laufende Beute wirken. Und schon mancher Vierbeiner hat sein Leben verloren, nur weil ihre unvernünftigen Besitzer sie zu den Rudeln an den Stake-outs liessen. Der vermeintliche Eindringling in das geschlossene Rudel wurde instinktiv angegriffen. Das ist Naturgesetz! Was wir als Unrecht empfinden, ist für diese Hunde absolut wichtig und richtig.

Zu Unrecht wird den Schlittenhunden oft unterstellt, dass sie unberechenbare Tiere seien. Das ist aber eben nur die Meinung von Unkundigen, die ihre Betrachtungen beim Austragen der Rangordnungen im Rudel wider besseres Wissens auch auf die Menschen übertragen. Dabei würden diese (wie die Wölfe auch) nie einfach so einen Menschen angreifen. Es ist auch wichtig zu wissen, dass Hunde im allgemeinen Kinder als Artgenossen betrachten und ihnen daher auch in der Rangordnung nur eine untergeordnete Rolle zugestehen. Vor allem beim Verteidigen des Futters greift ein Hund auf eines seiner drei für uns sicht- und hörbaren Zeichen zurück: Knurren, Bel-len oder Beissen. Auch im Spiel handelt der Hund nach seinem besten Wissen und Gewissen - nur kann die Art des Spielens (das unter den Hunden problemlos vor sich geht ) den Kindern Verletzungen zufügen. Die Vorsicht und die Verantwortung im Umgang mit Hund und Kindern liegt in jedem Fall bei den Erwachsenen.Wer aber die Seele der Schlittenhunde erkennt und ihre eigenen Naturgesetze versteht - und dazu gehört auch der richtige Umgang mit ihnen - wird tausendfach belohnt mit faszinierenden Erlebnissen - gerade wegen ihrer Natur!

 

Samojede

Von den vier Schlittenhunderassen wird der Samojede oft erfolgreich als Einzelhund gehalten. Dies kommt daher, weil er in seiner ursprünglichen und mehrere Jahrhunderte dauernden Haltung immer in die Familie der Samojeden-Nomaden integriert wurde und eine Beziehung zu den Menschen entwickeln konnte. Die Samojeden-Nomaden (die Hunde heissen so, weil man sie bei diesen in Sibirien lebenden Nomaden entdeckt hat) gaben jedem Hund einen eigenen Namen, nutzten sie zum Jagen, zum Hüten der Rentierherden aber auch als Aufpasser für ihre Kinder. In der Nacht schliefen diese Hunde dann als Wärmequelle bei den Nomaden im Zelt. Nur gerade die ärmsten unter dem Samojedenvolk, die keine Rentiere zum Ziehen der Lasten halten konnten, spannten ihre Hunde vor die Schlitten. Diese Haltung - die auch als Verhaltensmerkmale weiter vererbt werden, lässt eben auch zu, dass der Samojede im Gegensatz zu den übrigen Schlittenhunderassen, die in reiner Arbeitshaltung gehalten und darum nie eine eigene Bindung an die Menschen entwickeln konnten, alleine mit den Menschen zufrieden ist. Wohlverstanden gibt es auch bei den anderen drei Rassen Ausnahmen, aber diese entsprechen nicht der Regel! Diese Beziehungsfähigkeit der Samojeden darf aber auch nicht falsch verstanden werden. Auch in Einzelhaltung müssen wir diesen weissen Vierbeinern das Rudel ersetzen. Regelmässig allein gelassen zu werden widerspricht der Natur aller Schlittenhunde. Sie würden vereinsamen und ohne richtige Beschäftigung verkümmern. Dazu gehört auch genügend Auslauf (nicht im Garten) und das Ausleben ihrer von Natur aus gegebenen Interessen.

 

Jakutische Laika

Durch die Grösse und die Stärke der Alaskan Malamutes wurden sie in ihren Ursprungsländern vorwiegend zum Ziehen von schweren Lasten genutzt und die Siberian-Huskies dort eingesetzt, wo es schnell gehen musste, z.B. im Postwesen. Die Grönland-Schlittenhunde waren im letzten Jahrhundert massgeblich am Bau der Jungfraubahn beteiligt, so dass zum Dank dafür auf der Jungfraustation noch immer traditionell Schlittenhunde gehalten werden. Die Samojeden sind verglichen mit den Huskies und den Malamutes weniger stark und weniger schnell, aber als Traber fähig, lange Distanzen durchzuhalten.

Man hat auch schon gehört, dass der Schlittenhunde-Rennsport eine tierquälerische Aktivität sei. Doch wer solches sagt, hat noch nie gesehen, mit wie viel Freude die Hunde diese Arbeit ausführen. Wäre es eine Tierquälerei, würden sich die Hunde mit eingezogenem Schwanz und mit sich wehren vor dem Einspannen drücken. Doch kaum sichten die Hunde ihre "Gstältli", können sie es kaum erwarten eingespannt zu werden und los zu flitzen. Hinzu kommt, dass der Musher (Schlittenhundeführer) nur mit Worten Einfluss auf die Hunde nehmen kann. Das absolvieren einer Rennstrecke ist eine absolute Teamarbeit zwischen Hunden und Musher ohne jede Einwirkung von Gewalt, nur die Stimme lenkt und führt die Hunde. Das wäre wohl kaum möglich, hätte man diese Hunde zu dieser Arbeit gezwungen!

Und jeder aktive Schlittenhund hat die gleiche Vorgeschichte. Knapp vor einjährig werden sie das erste Mal mit der Arbeit am Schlitten vertraut gemacht. Und schon beim ersten Training verhalten sich die Neulinge so, als hätten sie noch nie etwas anderes gemacht. Letzteres bezieht sich auf das Rennen und Ziehen. Es ist ganz klar, dass sie dabei noch alle Erfahrungen machen müssen wie das Erlernen der Kommandos, das Einteilen der Kräfte, die Atmosphäre an den Rennen und die vielen Zuschauer. In dieser Entwicklung kristallisieren sich dann die Leithunde heraus. Über das Talent für die Arbeit am Schlitten verfügen zwar alle aktiven Hunde, aber das Ausführen der Kommandos und die Leitung des ganzen Gespanns bedingt die innere Stärke eines Hundes und die ist nicht bei allen Hunden gleich ausgeprägt.

Noch etwas unterscheidet die Schlittenhunde von den anderen Hunden, die diese Sportart ebenfalls ausführen: ihr Haarkleid, mit dem sie sich auch ausserhalb der Rennaktivität in der Kälte wohl fühlen. So sind sie absolut in der Lage, bei Kälteeinbrüchen ihre Unterwolle innert 3 Tagen weiter aufzubauen oder stossen in wärmeren Jahreszeiten ihre gesamte Unterwolle innert 3-4 Wochen einfach ab.

Schlittenhunde zu halten ist eine Philosophie. Sie zu halten ist spannend und faszinierend und man ist ständig gefordert. Denn Schlittenhunde sind noch echte Naturburschen und -damen, die für den Schweizerischen Klub für Nordische Hunde (SKNH) und den Schweizerischen Schlittenhundesportklub (SSK) ein Erbe sind, das es zu wahren gilt.




© Heidy Fasler, Pratteln

 

Serum Run 2009: Don Duncans 10er Samojedengespann